Kalte Nahwärme: Eine nachhaltige, zukunftsweisende Lösung zum Heizen und Kühlen

Veröffentlicht von evelyn am

Kalte Nahwärme: Eine nachhaltige, zukunftsweisende Lösung zum Heizen und Kühlen

Kalte Nahwärmenetze sind eine wichtige Technologie zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. Sie stellen eine innovative und emissionsfreie Methode zum Heizen- und Kühlen sowie für die Warmwasserbereitung dar – in Verbindung mit dezentralen, beim Abnehmer platzierten Wärmepumpen.
Kalte Nahwärme nutzt als erneuerbare Energien als Quelle(n) und arbeitet daher ressourcenschonend bis klimaneutral. Die dezentralen Wärmepumpen benötigen Strom, der zusätzlich aus regenerativen Quellen gewonnen werden kann – dann kommt es zur Sektorenkopplung zwischen Wärme- und Strom, was Abnehmer auch unabhängiger vom Stromnetz macht.

© bwp Bundesverband Wärmepumpe

Funktionsweise des Kalten Nahwärmesystems

Die grundlegende Idee hinter kalter Nahwärme ist einfach: Anstatt Wasser auf hohe Temperaturen zu erhitzen, wird bei diesem System Wasser bzw. Sole mit einer Temperatur von etwa 5 bis 25 Grad Celsius durch ein Netzwerk von Leitungen transportiert – je nachdem, welcher Quelle die Wärme entzogen wird. Diese moderate Temperatur reicht aus, um mit Hilfe von dezentralen Wärmepumpen die notwendige Wärme für Heizung und Warmwasserbereitung zu erzeugen.
Die Wärmepumpe spielt dabei eine zentrale Rolle. Deren Wärmetauscher entzieht dem Wasser oder der Sole die gespeicherte Energie und hebt die Temperatur auf das für Heizungszwecke notwendige Niveau an. Dadurch wird der Energiebedarf im Vergleich zu herkömmlichen Wärmenetzen, die oft mit 70°C oder mehr über weite Strecken betrieben werden und so erhebliche Wärmeverluste in Kauf nehmen, erheblich reduziert.

Erneuerbare Energiequellen für Kalte Nahwärme

Kalte Nahwärmenetze können von verschiedenen erneuerbaren Energiequellen gespeist werden:

  1. Oberflächennahe Geothermie: Die Erdwärme ist eine konstante und zuverlässige Quelle. Erdwärmesonden oder Erdkollektoren entziehen dem Boden Wärme, die dann das Nahwärmenetz speisen. Auch das Grundwasser zählt zu den geothermischen Quellen und bietet ebenfalls konstante Temperaturen um die 10 °C.

  1. Solarthermie/PVT: Sonnenkollektoren sammeln die Wärme der Sonne und übertragen sie in das Wärmenetz. Dies ist besonders in den Sommermonaten effektiv, kann aber auch in Übergangszeiten und milden Wintern einen Beitrag leisten. PVT kann zusätzlich noch den Strom der Wärmepumpe ganz oder teilweise decken. Zudem eignen sich beide Typen dazu, die geothermische Quellen zu regenerieren und ggf. zu verkleinern.

  1. Abwärme: Bei der industriellen Fertigung von Waren und Lebensmitteln fällt oft Abwärme an, die sonst ungenutzt bleibt. Diese Abwärme kann in das Kalte Nahwärmenetz eingespeist werden und so einen sinnvollen Beitrag zur Energieversorgung leisten.
  1. Oberflächengewässer: Flüsse, Seen und sogar das Meer können als Wärmequellen dienen. Wärmetauscher entziehen dem Wasser Energie, die anschließend in das Nahwärmenetz eingespeist wird.
  1. Abwasser: Auch Abwasser kann – im Kanal oder geklärt direkt in der Kläranlage – als Wärmequelle für eine Kaltes Nahwärmenetz dienen.
Abwasser kann unter bestimmten Voraussetzungen eine gute Wärmequelle sein. Foto von SELİM ARDA ERYILMAZ auf Unsplash

Kaltes Nahwärmenetz: Einspeisung und Verteilung

Die Einspeisung der Wärmequellen erfolgt zentral oder dezentral je nach Struktur und Bedarf des Netzes. Bei einem zentralen System gibt es eine oder mehrere größere Einspeisestationen, die die Wärme ins Netz leiten. Dezentrale Systeme hingegen nutzen mehrere kleinere Einspeisepunkte, die lokal zur Verfügung stehende Wärmequellen integrieren. Dies ist auch bei Multiquellensystemen der Fall.
Die Verteilung der kalten Nahwärme erfolgt über ein Rohrleitungsnetz, das die Wärme an die angeschlossenen Gebäude weiterleitet. Die verwendeten PE-Druckrohre sind nicht isoliert und können so auch noch die Wärme des umgebenden Erdreichs aufnehmen. Je nach Länge und Quelltemperatur könnte die ursprüngliche Quelle dann sogar kleiner dimensioniert werden. 

Herausforderungen bei Kalten Nahwärmenetzen

In kalten Nahwärmenetzen sind die Massen- und Volumenströme höher als in konventionellen Systemen, was auf die geringen Temperaturunterschiede zwischen Vor- und Rücklauf zurückzuführen ist. Deshalb sind größere Rohrdurchmesser erforderlich.
Ein zu kleiner Querschnitt kann zu hohen Rohrreibungsverlusten und somit zu einer erhöhten Pumpenleistung führen, was den Energieverbrauch steigert und die Gesamtbilanz sowie die Jahresarbeitszahl des Systems negativ beeinflusst.
Andererseits verursacht ein zu groß dimensionierter Querschnitt höhere Materialkosten und somit höhere Investitionsausgaben.
Daher sind das dauerhafte Monitoring der Anlage und schnelle Kurskorrekturen ein Muss für das effiziente Funktionieren eines Kalten Nahwärmenetzes.
Wie bei allen geothermischen Systemen ist dafür zu sorgen, dass das Wärmeträgermedium nicht in das umgebende Erdreich gelangen kann. Die Sole besteht aus einem Wasser-Glykolgemisch und ist zwar biologisch abbaubar, sollte aber nicht in die Umwelt oder ins Wasser gelangen. Beim Bau des Netzes ist es daher empfehlenswert, in regelmäßigen Abständen Absperrventile einzubauen. Diese ermöglichen eine Segmentierung des Netzes und minimieren im unwahrscheinlichen Fall eines Lecks den Austritt der Wärmeträgerflüssigkeit sowie die Notversorgung von Teilbereichen. Zum Schutz vor austretendem Wärmeträgermedium sollten alle Armaturen mit lösbaren Verbindungen in einem dichten, monolithischen Schacht installiert werden.

GRATEC Verteiler auf der Baustelle © goodmen energy

Anbindung der Abnehmer an das Kalte Nahwärmenetz

Jedes an das Kalte Nahwärmenetz angeschlossene Gebäude benötigt eine Wärmepumpe, um die bereitgestellte Niedertemperaturwärme auf das benötigte Niveau zu heben. Diese (Sole-) Wärmepumpen sind kompakt und können in Kellern oder Technikräumen untergebracht werden. Sie sorgen dafür, dass die Wärmeenergie effizient in Heizwärme und Warmwasser umgewandelt wird.
Darüber hinaus können die Wärmepumpen auch zum Kühlen der Gebäude genutzt werden, indem sie dem System Wärme entziehen und in Richtung des kalten Netzes bzw. der Quelle transferieren. Aber das Kalte Nahwärmenetz kann noch mehr: Im Sommer ist auch eine passive Kühlung – unter Umgehung der Wärmepumpe – möglich, die neben der Energie für eine Umwälzpumpe keinen Strom benötigt.  So lassen sich die Räume auch ohne den Betrieb der Wärmepumpe bis zu einem gewissen Punkt temperieren. Dies macht Kalte Nahwärme zu einer ganzjährigen Lösung für Heiz- und Kühlbedarf.

Kalte Nahwärme in Bestandsgebäuden

Die effizienteste Art, ein kaltes Nahwärmenetz zu installieren, bietet sich in Neubaugebieten, da hier alle Komponenten optimal aufeinander abgestimmt werden können. Das schließt jedoch Altbauten nicht aus. Die Nachrüstung im Gebäudebestand ist vergleichsweise unkompliziert: Es muss lediglich eine (Sole-) Wärmepumpe im Gebäude installiert und das Wärmenetz ins Haus geführt werden.
Um die Effizienz weiter zu steigern, ist es oft sinnvoll, alte Radiatoren gegen neue Flächenheizkörper auszutauschen, die eine bessere Wärmeabstrahlung bieten und deutlich niedrigere Vorlauftemperaturen benötigen. Somit verkleinert sich der Temperaturhub, den die Wärmepumpe leisten muss. Einige dieser Maßnahmen werden durch Förderprogramme wie BEW unterstützt, was die Investitionskosten erheblich reduzieren kann.
Die Wärmepumpe erreicht durch das relativ konstante und hohe Temperaturniveau der Erdwärme (8-12°C) hohe Jahresarbeitszahlen und somit eine hohe Effizienz. Wird im Rahmen der Sanierung auch eine Photovoltaikanlage installiert, kann der erzeugte Strom zum Betrieb der Wärmepumpe genutzt werden. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage und senkt gleichzeitig die Stromkosten. Wichtig ist in diesem – und jedem – Fall eine gute Planung und Quellenauslegung mit Bestimmung der Bedarfe und Quellenpotenziale.

NETZ-WERK REGENERATIV – Kalte Nahwärmenetze von Profis geplant und umgesetzt

Kalte Nahwärme ist keine neue Technologie: Das erste kalte Nahwärmenetz wurde in Deutschland bereits 1981 realisiert. Erst 2023 hat sich das NETZ-WERK REGENERATIV gegründet – was aber nicht bedeutet, dass die Kooperationspartner nicht auf große Erfahrung beim Netzbau zurückblicken können. Das NETZ-WERK REGENERATIV plant, konfiguriert, produziert Komponenten und überwacht Kalte Nahwärmenetze aus regenerativen Quellen, liefert Speicher und Energiemanagementsysteme. Dabei ist die Hauptidee, Komplettsysteme zu liefern. Denn diese machen den Netzausbau nicht nur schneller und günstiger – durch den Zusammenschluss von Planern, Herstellern, sowie Partnern aus Bau und Betrieb bündeln wir umfassende und langjährige Expertise und machen Kalte Nahwärme so einfacher zugänglich, indem wir die komplette Lösung – Analyse, Beratung, Planung, Herstellung und Monitoring – mit nur einem Ansprechpartner liefern.

Die Gratec GmbH ist dabei nicht nur als Hersteller von fachmännischen und bewährten Verteilersystemen Teil des NETZ-WERKs, sondern ist als Distributor auch qualifizierter Ansprechpartner für die Auftraggeber.

Kalte Nahwärme: Ein System mit viel Potenzial

Kalte Nahwärme bietet eine vielversprechende Möglichkeit, erneuerbare Energien effektiv zu nutzen und gleichzeitig den Energieverbrauch zu senken. Durch die Integration multipler Wärmequellen und den Einsatz moderner Wärmepumpentechnologie entsteht ein flexibles und nachhaltiges System, das sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bietet. In Zeiten des Klimawandels und steigender Energiepreise stellt Kalte Nahwärme somit eine zukunftsweisende Alternative zu konventionellen Heizsystemen dar.

In Deutschland gewinnt die Kalte Nahwärme zunehmend an Bedeutung. Laut einer Studie des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) gibt es derzeit mehr als 350 Kalte Nahwärmenetze im ganzen Land, und die Zahl wächst stetig. Auch in anderen europäischen Ländern wie der Schweiz und den Niederlanden werden ähnliche Systeme erfolgreich implementiert und weiterentwickelt.

Eine weitere Untersuchung zeigt, dass durch den Einsatz von Kalten Nahwärmenetzen das Potenzial besteht, bis zu 30 % der CO₂-Emissionen im Gebäudesektor einzusparen. Dies unterstreicht die Bedeutung dieser Technologie für die zukünftige Energieversorgung und Klimaschutzstrategien.

Quellen: 

  • Fraunhofer ISE: „Transformation des Energiesystems in Deutschland: Entwicklung und Umsetzung von Nahwärmenetzen“
  • Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V.: Publikationen und Pressemitteilungen auf der BWP-Website.)